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Am Internationalen Tag der Kriminalitätsopfer unterhielten wir uns mit dem Juristen Dimitar Stojanow

Wachsende Zahl der Verbrechen mit legal besessenen Waffen wirft viele Fragen auf

Foto: BGNES

133.245 Personen in unserem Land besitzen Waffen, etwas mehr als 55.600 von ihnen sind derzeitige und ehemalige Mitarbeiter des Innen-, Verteidigungs- und Justizministeriums, so die Daten von Ende 2022. In letzter Zeit haben Verbrechen mit legal besessenen Waffen in unserem Land zugenommen.

Anfang Februar hat ein ehemaliger Polizeibeamter seinen Nachbarn, den berühmten Psychologen Iwan Wladimirow erschossen, mit dem er seit Jahren im Streit lag. Dieser Fall sorgte für großes Aufsehen in unserer Gesellschaft. Wie sich später herausstellte, hatte man gegen den ehemaligen Polizisten zahlreiche Anzeigen wegen Drohungen gegen Nachbarn erstattet. Besagte Anzeigen blieben jedoch ohne Folgen, bis es schließlich zum tragischen Ende kam. Der Psychologe selbst hatte einen Monat zuvor in einem Fernsehinterview die Befürchtung geäußert, dass die Gesetze in unserem Land ein fatales Ende bei ähnlichen Streitigkeiten begünstigen.

Dieser tragische Vorfall hat eine Reihe von Fragen aufgeworfen, die von öffentlichem Interesse sind: Wie ist der Besitz von Waffen in Bulgarien geregelt? Sollte der Zugang dazu erschwert werden? Auf was für einen Schutz können Menschen zählen, die von ihren Nachbarn belästigt werden?

Es wurde klar, dass nur dann eine strafrechtliche Sanktion gegen eine Person verhängt werden kann, wenn ein in Kraft getretenes Urteil  gegen diese Person vorliegt. In allen anderen Fällen wird besagte Person mit Strafmaßnahmen - Verwarnungen oder Geldstrafen - belegt. Die häufigste Reaktion des Innenministeriums auf Nachbarschaftskonflikte ist die Ausstellung von Mahnbescheiden. Eine solche Maßnahme kann jedoch eine rein fiktive Wirkung haben, wenn gegen eine Person mehrere Anzeigen erstattet werden, ohne dass eine Reaktion der Institutionen erfolgt:


„Die Verhängung einer Geldstrafe kann in bestimmten Situationen einen besseren Vorbeugungseffekt haben“, erklärte der Jurist Dimitar Stojanow. „In Anbetracht der menschlichen Psyche ist der materielle Schaden, der durch die Geldstrafe entsteht, eine sehr wirksame Abschreckung. In westlichen Gesellschaften werden in vielen und verschiedenen Situationen als Maßnahme Geldstrafen angewandt.“

In Bulgarien regelt das Gesetz über Waffen, Munition, Sprengstoffe und pyrotechnische Artikel, welche Personen zum Besitz von Waffen berechtigt sind und welche Voraussetzungen sie dafür erfüllen müssen.

„Um eine Waffe besitzen zu dürfen, muss man bestimmte Voraussetzungen erfüllen: Man darf nicht verurteilt worden sein, darf keine Steuerschulden haben, es darf kein Strafverfahren gegen einen laufen und man muss psychisch gesund sein, im Umgang mit Waffen geschult worden sein und über die entsprechenden Voraussetzungen für die Aufbewahrung der Waffe verfügen“, erklärte Dimitar Stojanow. „Außerdem muss man über die Menge der Munition, die man aufbewahrt, Rechenschaft ablegen und einen triftigen Grund für den Besitz einer persönlichen Waffe angeben.“

Laut einer Anweisung des Innenministeriums darf ein uniformierter Beamter eine Waffe benutzen, wenn er Zeuge einer Straftat wird, die sein Eingreifen erfordert. In zwei Fällen darf er keine Waffe mit sich führen: Wenn er gesetzlichen Urlaub hat oder ins Ausland reist, soweit es dort keine Bedingungen für die Aufbewahrung der Dienstwaffe gibt. Ein ernstzunehmendes Problem im System des Innenministeriums besteht laut Insidern darin, dass die Mitarbeiter nach dem ersten obligatorischen psychologischen Test nicht mehr regelmäßig getestet werden.

Beamte der Strafverfolgungsbehörden dürfen nach Ende ihres Dienstes eine Waffe besitzen, müssen sich als Privatpersonen in bestimmten Zeitabständen aber einer Kontrolle unterziehen, auf deren Grundlage beurteilt wird, ob sie die Waffe weiterhin besitzen dürfen. Und da der tödliche Ausgang des Nachbarschaftsstreits Anfang Februar die Menschen stark aufgewühlt hat, sind Experten der Ansicht, dass ein Mechanismus notwendig ist, damit bei systematischen Verstößen gegen die öffentliche Ordnung durch den Besitzer einer Schusswaffe diesem die Genehmigung und die entsprechende Waffe entzogen werden können.

Dimitar Stojanow ist allerdings der Meinung, dass die Bekämpfung verschiedener Arten von Kriminalität nicht sehr effektiv sein wird, solange der Rechtsrahmen nicht überarbeitet wird.

„Wir können nicht ein bestimmtes Problem wie Diebstahl oder häusliche Gewalt nehmen und versuchen, es separat zu lösen. Wir müssen die Mängel und strittigen Punkte unter Beteiligung aller interessierten Parteien - Staatsanwälte, Justizministerium, Zivilorganisationen – analysieren und einen legislativen Ansatz finden, um die Probleme komplex zu lösen. Es ist notwendig, das Gesetz über das Innenministerium sowie die Artikel des Strafgesetzbuches zu aktualisieren, damit das von den Steuergeldern der Bürger finanzierte System deren Erwartungen in Sachen Gerechtigkeit und eigene Sicherheit erfüllt, so Dimitar Stojanow abschließend.

Übersetzung: Rossiza Radulowa

Fotos: BGNES



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