Monika Ewstatiewa ist Journalistin und arbeitet als Leitende Produzentin für das investigative Ressort von NPR, dem amerikanischen öffentlichen Rundfunk. Die gebürtige Sofioterin träumte schon als Kind davon, in der Werbung zu arbeiten, doch ihr Job bei einem Radiosender in Blagoewgrad entfachte ihre Leidenschaft für den Journalismus. Sie studierte die Standards des Berufs an der Amerikanischen Universität in Blagoewgrad und anschließend in Washington, D.C., und schaffte es dann als Praktikantin in das Team des amerikanischen öffentlichen Rundfunks.
Im Jahr 2019 verließ sie kurzzeitig den öffentlichen Rundfunk und begann eine Tätigkeit in der Audioabteilung der New York Times. Diese Phase dauerte weniger als ein Jahr, danach kehrte sie wieder zu NPR zurück. In der heutigen, sich schnell verändernden Welt schaffen es nur wenige, 19 Jahre lang am selben Arbeitsplatz zu bleiben, aber die Bulgarin findet den Grund für diese beständige Entscheidung in der Dynamik des Berufs und im guten Team, in dem Monika Ewstatiewa eine super wichtige Rolle spielt.
„Das Schöne an einem großen Medienunternehmen – auch wenn unseres nicht das größte ist, etwa 1.000 Menschen arbeiten in der Nachrichtenredaktion - ist, dass ich ständig die Abteilung wechsle, in der ich arbeite. So hat man die Illusion, an vielen verschiedenen Orten zu arbeiten, aber in Wirklichkeit ist man immer am selben. Ich habe in einer Sendung in einer Position angefangen, bin dann zu einer anderen gewechselt und habe anschließend als Produzentin Auslandsreisen unternommen“, sagte MonikaEwstatieva in einem Interview für Radio Bulgarien und deckte eine interessante Besonderheit der Arbeit in den amerikanischen Medien auf:
„Bei uns machen Produzenten und Korrespondenten oft dasselbe, weil wir alles vorbereiten. Wir sind diejenigen, die bestimmen, wohin wir gehen, mit wem wir sprechen, und organisieren das entsprechend, und dann kommt der Moderator und zeichnet die Interviews auf. Ich bin sehr gerne Produzentin, weil ich als solche viel Freiheit habe, was ich tun möchte. Andererseits sind wir auch ein wenig unersetzlich – ohne uns kann nichts erledigt werden, und deshalb bin ich mir sicher, dass ich immer Arbeit haben werde“, ist Monika Ewstatiewa überzeugt.
Oft werden sogar die Fragen, die der Moderator seinem Gesprächspartner stellen soll, vom Produzenten im Voraus vorbereitet, gab unsere Gesprächspartnerin zu, ergänzte aber, dass die Moderatoren, wenn sie genug Zeit haben, ebenfalls Teil des Prozesses sind und das Skript so ändern, dass es ihrem Ausdrucksstil entspricht. Deshalb ist es sehr wichtig, ein wirklich guter Produzent zu sein, der weiß, wie man „mit der Stimme des Moderators schreibt“, erklärte uns Monika Ewstatiewa.
In der Investigativabteilung des öffentlichen Rundfunks der USA dauert die Vorbereitung, Durchführung und der eigentliche Prozess der Erstellung und Veröffentlichung eines bestimmten Materials manchmal Monate oder sogar Jahre. Die Arbeit lohnt sich jedoch, und Monika Ewstatiewa arbeitet in der Regel an drei bis vier Themen gleichzeitig:
„Die letzten drei, an denen ich gearbeitet habe, sind unglaublich unterschiedlich – eines handelt von den Kämpfern des Islamischen Staates, die sich derzeit in Lagern in Nordsyrien befinden, und dem Wunsch der ganzen Welt, dass sie in ihre Herkunftsländer zurückkehren. Denn wenn sie fliehen, besteht die Gefahr, dass die Terrororganisation teilweise wieder aufgebaut wird. Wir haben recherchiert, was mit den dort geborenen Kindern passiert, insbesondere wenn sie Eltern aus verschiedenen Ländern haben, was bei fast allen dort der Fall ist. Eine weitere Untersuchung, an der ich arbeite, betrifft Afghanistan – was passiert, wenn Verbündete, mit denen man 20 Jahre lang zusammengearbeitet hat, einen plötzlich im Stich lassen. Kürzlich wurde ein Programm beendet, das Afghanen, die in die USA ausgewandert sind, vor Abschiebung schützte. Wenn sie nach Afghanistan zurückkehren, besteht die Möglichkeit, dass sie von den Taliban gefangen genommen und getötet werden. Das dritte Thema betrifft Richter in den USA, die eine wichtige Rolle für die Demokratie im Land spielen, aber oft einige ihrer jüngeren Mitarbeiter misshandeln, weil sie sich wie „Könige in ihren Königreichen“ fühlen, die niemand stoppen kann“, erzählte Monika Ewstatiewa.
Der Prozess der Vorbereitung einer journalistischen Rechreche umfasst jedoch noch mehrere Schritte, bevor sie das Publikum erreicht.
„Meine Arbeit ist mit dem Verfassen des Artikels noch nicht beendet. Anschließend lesen ihn neun verschiedene Personen. Zuerst die Redakteure, dann diejenigen, die sich mit Ethik und Standards befassen, und schließlich die Juristen – der Artikel durchläuft so viele Hände, dass alles immer sehr gründlich geprüft wird. Und für den Menschen, der Nachrichten konsumiert, ist es wichtig, sie in Medien zu lesen, die angesehen sind, die Fakten überprüfen und die Wahrheit sagen“, so Monika Ewstatiewa.
Der Kampf gegen Fake News, in denen immer ein Teil Wahrheit steckt, ist eine weitere große Herausforderung für Monika Ewstatiewa, mit der sie täglich konfrontiert ist. Es gibt ein funktionierendes Modell, das bei der Orientierung in der Informationsflut hilft: Wir sollten jede solche Nachricht wie ein Puzzle betrachten:
„Wenn man Puzzleteile aufeinanderlegt, baut man einen Turm und beginnt mit der Untersuchung. Man entfernt jedes einzelne Teilchen und sagt sich, dass dies falsch ist, weil es aus dem Kontext gerissen ist, und das ist falsch, weil es aus einem anderen Kontext gerissen ist, und so gelangt man zu dem einzigen Teil der Information, der wahr ist, und alles andere ist darum herum aufgebaut“, sagte Monika Ewstatiewa.
In der dynamischen Berufswelt, in der Monika Ewstatiewa seit fast zwei Jahrzehnten lebt, trifft sie selten Bulgaren – mit Ausnahme von zwei Personen kennt sie fast keine bulgarischen Kollegen in den USA.
„Ich würde mir sehr wünschen, dass es in Zukunft mehr Bulgaren gibt. Als Journalist im Ausland in einer Fremdsprache zu arbeiten, ist sehr schwierig, wenn man nicht schon in jungen Jahren damit anfängt. Wenn man in Bulgarien bereits als Journalist etabliert ist, ist es viel schwieriger, den Durchbruch zu schaffen“, meinte Monika Ewstatiewa.
Heute ist Monika Ewstatiewa glücklich mit ihrer beruflichen Verwirklichung – „Kein Tag im Journalismus ist wie der vorherige und es wird nie langweilig – das können nur wenige Menschen von ihrem Beruf sagen“, sagte sie zum Schluss.
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Übersetzung: Antonia Iliewa
Redaktion: Rossiza Radulowa
Fotos: Privatarchiv Monika Ewstatiewa, BTA
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