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Das neue Verhältnis Europas zu Amerika

"Die Europäische Union ist nunmehr ein gleichberechtigter Partner der USA, und kein Territorium, das von Washington verteidigt werden muss“, sagte der bulgarische Außenminister Nikolaj Mladenow.
Foto: BGNES
Laut dem Senioranalytiker des Londoner Büros des Europäischen Rates für Außenpolitik Nik Withey, der an der Diskussion zum Thema „Das neue Verhältnis Europas zu Amerika“ in Sofia teilnahm, ist Europa ein alter Kontinent auf der Suche nach einer neuen Rolle in seinen Beziehungen zu den USA. Davon ist auch der bulgarische Außenminister Nikolaj Mladenow überzeugt. Das sei ihm zufolge eine Herausforderung für alle in der Europäischen Union:

„Das ist die Gewohnheit, die wir alle in Europa zu haben scheinen, zu tun und zu lassen, was uns gefällt, während jemand anderer den Schirm über uns hält. Es ist sehr leicht, wenn man von jemand anderem geschützt wird, kreativ und interessant sein und neue Initiativen vorschlagen. Es ist viel schwieriger, wenn man selbst den Schirm hält, mit dem man sich verteidigt, d.h. selbst für die eigene Politik verantwortlich ist. Die Europäische Union ist nunmehr ein gleichberechtigter Partner der USA, und kein Territorium, das von Washington verteidigt werden muss. Die Euroinstitutionen aufzubauen, die uns das zu tun erlauben, ist die größte Herausforderung für Europa.“

Europa hat laut dem bulgarischen Außenminister Nikolaj Mladenow mindestens zwei Komplexe, die in der gemeinsamen europäischen Außenpolitik noch nicht überwunden worden sind. Sie sind von der unterschiedlichen Vergangenheit der EU-Länder in den letzten 50 Jahren bestimmt. Der eine ist der postkoloniale Komplex der alten Kolonialländer in Westeuropa, der andere – der postsowjetische Komplex der Länder in Osteuropa. Diese zwei Komplexe erzeugen ständig Spannung in der europäischen Politik und das werde auf jeder Ebene sichtbar. „Auch im Wunsch sowohl eine Mittelmeerinitiative, als auch eine Initiative für Ostpartnerschaft zu haben“, meint der Außenminister weiter. „Und im Wunsch nach unterschiedlichem Einsatz der ungenutzten Haushaltsmittel der Europäischen Union, und in der Lobbyarbeit in der Frage, wo die Prioritäten liegen – bei den Beziehungen im Osten oder im Süden. Die andere große Spannung sei laut Nikolaj Mladenow im Verständnis von der Welt um die Europäische Union.

„Wir möchten mit den Institutionen in der Europäischen Union zur Lösung der Konflikte um uns herum beitragen“, sagt Nikolaj Mladenow. „Und nicht unsere eigenen Regeln den anderen aufzwingen, sondern die Erfahrung nutzen, die wir in der Europäischen Union erworben haben. Das bedeutet die kulturellen, ethnischen und religiösen Unterschiede in der uns umgebenden Welt bei der Suche nach Lösungen besser zu berücksichtigen.“

Die Partnerschaft zwischen Ost- und Westeuropa, die mit einer Ehe verglichen wird, beschrieb Minister Nikolaj Mladenow so:

„Letztendlich haben wir die alten Mitgliedsländer „geheiratet“. Sie hatten bereit die Europäische Union weitgehend aufgebaut, als wir ihr betraten. Das bedeutet nicht, dass das Leben – unser und ihres – so weiter gehen wird, wie vor der Ehe. Der wirtschaftliche Zustand, die politische Entwicklung, die Probleme, die Länder, wie Bulgarien oder Polen, Spanien, Dänemark bewegen, unterscheiden sich in ihrem großen Wesen. Deswegen ist es notwendig einen Kompromiss zwischen allen diesen Politiken und Ansichten zu finden. Der nächste Schritt kommt mit dem Lissabonner Vertrag – dem Wunsch eine Person zu bevollmächtigen im Namen der Europäischen Union zu sprechen und erneut die Interessen auszubalancieren.“

Die Europäer schaffen es laut Nik Withey nicht der Partner für die USA zu sein, den sie brauchen. Die Europäer erledigen ihre Arbeit durch Sprechen und Konsultationen. Das widerspricht jedoch der pragmatischen Art Amerikas. Die Amerikaner ärgern sich auch wegen der Überzeugung der Europäer im „alten“ Europa, dass sie klüger als die Amerikaner sind. Nik Withey meint, dass Russland keine wirkliche Bedrohung ist und, dass es in den nächsten ein paar Jahren eine enge Integration der Wirtschaftspolitik in der Eurozone geben wird. Zum neuen Verhältnis Europas zu Amerika sagte Nik Withey:

„Die Hauptlehre, die wir in der Europäischen Union ziehen sollten, ist, dass wir erwachsen werden müssen, „den Bullen bei den Hörnern packen“, die Bemühungen verdoppeln und den USA oder der NATO nicht die Erledigung unserer Arbeit überlassen. Vom europäischen Interesse auf die für uns beste Weise zu denken. Wir werden eine bessere Arbeit leisten, wenn wir das europäische Interesse dort durchsetzen, wo es zu 80 bis 90 Prozent mit dem amerikanischen übereinstimmt. So werden wir noch festere und effektivere transatlantische Beziehungen haben.“

Übersetzung: Vladimir Daskalov
По публикацията работи: Tatjana Obretenowa


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